Europa öffnet sich für medizinisches Cannabis

22.07.2025
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Anfang Mai gab Dänemark offiziell bekannt, dass sein Pilotprogramm für medizinisches Cannabis in eine dauerhafte Regelung überführt wird. Ab dem 1. Januar 2026 wird medizinisches Cannabis somit ein fester Bestandteil des dänischen Gesundheitssystems. Dieser Schritt erfolgt nach mehreren Jahren erfolgreicher Anwendung bei Patient:innen mit schwerwiegenden Erkrankungen.

Das ursprünglich 2018 gestartete Pilotprojekt ermöglichte Patient:innen mit Krankheiten wie Multipler Sklerose, Rückenmarksverletzungen, Krebs und chronischen Schmerzen Zugang zu medizinischen Cannabispräparaten. In den letzten Jahren ist die Zahl der teilnehmenden Patient:innen stetig gestiegen – derzeit profitieren rund 1.800 Personen von diesen Medikamenten, wobei über 20.000 Verschreibungen ausgestellt wurden.

Europa setzt auf medizinisches Cannabis

Zentrale Merkmale des dänischen Programms:

  • Patientenberechtigung: Personen mit diagnostizierten Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Rückenmarksverletzungen, Krebs oder chronischen Schmerzen behalten weiterhin Anspruch auf medizinischen Cannabis.
  • Produktvielfalt: Das Angebot umfasst eine Reihe von Cannabisprodukten, darunter inhalierbare Blüten, orale Lösungen, Kapseln und Sprays mit unterschiedlichen THC-/CBD-Verhältnissen.
  • Finanzielle Unterstützung: Patient:innen erhalten 50% Kostenübernahme – bis zu 20.000 DKK jährlich (etwa 2.830 EUR). Bei unheilbar erkrankten Patient:innen werden die Kosten vollständig übernommen.

Dieser Schritt reiht Dänemark in eine wachsende Gruppe europäischer Länder ein, die medizinisches Cannabis regulär in ihre Gesundheitssysteme integrieren. Fast ein Drittel aller Länder Europas haben entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen bereits eingeführt oder entwickeln sie derzeit.

Wirtschaftlicher Aufschwung im dänischen Cannabissektor

Dänemarks medizinischer Cannabissektor erlebt zudem ein stetiges wirtschaftliches Wachstum. Besonders die Region Odense hat sich zu einem Zentrum für Cannabiszucht und pharmazeutische Forschung entwickelt. Internationale Unternehmen wie Vertanical (Deutschland), Aurora Nordic (Kanada) und Little Green Pharma (Australien) haben dort investiert. Gemeinsam mit Forschungseinrichtungen wie der Syddansk Universitet (Universität Süddänemark) treiben sie Innovationen und evidenzbasierte Entwicklung voran.

Europäische Dynamik: Der expandierende Markt für medizinisches Cannabis

Auch in anderen europäischen Ländern nimmt der legale Zugang zu medizinischem Cannabis rasant zu:

  • Deutschland verabschiedete im April 2024 das Cannabisgesetz (CanG), das Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz entfernt und den Zugang zur medizinischen Anwendung erheblich ausweitet. Allein im ersten Quartal 2025 importierte Deutschland über 37 Tonnen medizinisches oder wissenschaftliches Cannabis – so viel wie kein anderes europäisches Land.
  • Die Niederlande, wo medizinisches Cannabis bereits seit 2003 legal ist, starteten 2023 ein Pilotprojekt zu Freizeit-Cannabis, das 2024 in die experimentelle Phase überging.
  • Slowenien erfährt zunehmende öffentliche Unterstützung für die Legalisierung auf nationaler Ebene.
  • Länder wie Tschechien testen Modelle für den legalen Eigenanbau und Eigenverbrauch, während die Schweiz weiterhin regulierte Cannabisverkäufe im Rahmen wissenschaftlicher Studien erprobt.
  • Portugal etabliert sich als führende Nation im Anbau von medizinischem Cannabis. Ein Großteil der Produktion ist für den deutschen Markt bestimmt; 2024 wurde Portugal zum zweitgrößten Exporteur von medizinischem Cannabis weltweit.

Nordamerikanische Unternehmen drängen auf den europäischen Markt

Die europäische Regulierung zieht zunehmend Anbieter aus Nordamerika an — angelockt von stabilen rechtlichen Rahmenbedingungen und günstigeren steuerlichen Bedingungen. Doch Expert:innen warnen vor einem unkontrollierten Wachstum, das zu Überangeboten führen könnte – ähnlich wie in den USA und Kanada.

Auf dem Weg zu einer evidenzbasierten Cannabis-Politik

Die jüngsten Entwicklungen zeigen eine wachsende Bereitschaft europäischer Länder, Cannabis verantwortungsvoll in öffentliche Gesundheitssysteme zu integrieren. Die politischen Maßnahmen orientieren sich zunehmend an wissenschaftlichen Nachweisen und setzen den Fokus auf Patientensicherheit, Zugänglichkeit und langfristige Nachhaltigkeit.

Laut aktuellen Prognosen wird der europäische Markt für medizinisches Cannabis zwischen 2025 und 2029 von 1,12 Milliarden Euro auf voraussichtlich 2,9 Milliarden Euro anwachsen. Deutschland und das Vereinigte Königreich werden voraussichtlich die größten Märkte bleiben – gestützt durch verbesserten Patientenzugang und verstärkte Investitionen.

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